Die Sklavenhalter-Ich-AG

Es ist ja nicht so, dass das Stadtbild jemals ein ansehnliches gewesen wäre, aber plötzlich treten Tornisterträger auf Drahteseln in Erscheinung, die mit ihrer bonbonfarbenen Garderobe den ohnehin schon vorhandenen Augenkrebs in eine Dimension verschieben, die nicht mehr behandelbar erscheint. Als hätte man einen Buckligen mit Lance Armstrong und einer Packung Smarties gekreuzt.

Das Schlimme ist: Diese radelnden Quasimodos haben wir selbst gerufen. Sie kamen nicht etwa über uns wie die zehn göttlichen Plagen, die wir alle eigentlich so unbedingt verdient hätten. Oh, nein.

Letztlich verhält es sich wie mit den Paketboten. Jeder schimpft, dass sie auf der rechten Spur parken; dass sie nicht in den dritten Stock gedackelt kommen, sondern ihre Ladung, ohne beim Empfänger zu klingeln, im Erdgeschoss deponieren; dass sie abgehetzt und unfreundlich auftreten. Aber wer hat mit seinen Amazon- und Zalando-Bestellungen, seinen Ebay-Einkäufen dafür gesorgt, dass die Zahl der Zustellungen innerhalb von wenigen Jahren ins Uferlose gestiegen ist? Du oder ich? Oder wir beide? Und wer muss sich seinen Wasabi-Salmon-Burger unbedingt anliefern lassen, damit er zu Hause noch ein Folge Narcos auf Netflix gucken kann?

Es gilt die alte Wahrheit: Wer sich Sklaven hält, der muss auch ihren Anblick ertragen. Es gilt aber auch: Wer sich Sklaven hält, muss sich nicht wundern, wenn er von den Entrechteten irgendwann am nächsten Baum aufgeknüpft wird. Mit ein bisschen Glück darf er vorher noch in ein bonbonfarbenes Kostüm schlüpfen. Oder einen Wasabi-Burger bestellen.

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