Genaueres gern gelegentlich

In den Sechzigerjahren gab es einen Sketch von Heinz Erhardt und seiner damaligen Bühnenpartnerin Herta Worell, in dem einzig und allein Worte vorkommen durften, die mit dem Buchstaben g beginnen. Herausgekommen sind dabei so legendäre Dialoge wie:

(Sie): „Getränk gefällig?“

(Er): „Genialer Gedanke. Gerade Gewürzgurken gegessen.“

Als würde man den Zauber dieser Kunstfertigkeit noch einmal neu aufleben lassen wollen, grassieren sechzig Jahre später zwei Wörter im allgemeinen Sprachgebrauch, die ebenfalls das g im Anfang tragen, nämlich gern und genau. In beiden Fällen muss allerdings konstatiert werden, dass jedem Zauber auch ein kleiner Horror innewohnt.

Während das genau gerade noch als simples Füllwort aka gestammelter Satzanfang durchgehen kann; vergleichbar etwa dem früher gebräuchlichen öhm, äh, ja, weiß nicht, also am Ende einfach nur enervierend wirkt, besitzt das gern mit seinem unterschwelligen Aufforderungs-, ja oft schon Befehlscharakter bereits etwas unangenehm Bedrohliches.

So darf zum Beispiel ein Plakat mit der Aufschrift Im Hof findet heute ein Kinderflohmarkt statt. Es gibt Muffins und selbstgemachte Limonade. Kommt gern dazu. nicht etwa derart verstanden werden, dass erscheinen mag, wer Lust und Laune verspürt. Vielmehr lautet die Botschaft hinter der im studentischen Milieu geborenen Floskel: „Verfrachtet eure Ärsche gefälligst dorthin und kauft den Ramsch beziehungsweise Mampf, ihr herzlosen Pfeifen. Oder wollt ihr, dass die lieben Kleinen am Ende traurig nach Hause gehen?!“

Wie wollte ich weitermachen? Genau. Ähnlich verhält es sich mit Sätzen wie seid gern dabei („es fehlen noch Preise für die Tombola“), meldet euch gern („freiwillige Helfer gesucht“) oder (als Krönung des Ganzen) lasst uns super gern ein Like da (neueröffneter Bubbletea-Laden). Auch hier ist der Subtext glasklar: „Mach mit, sonst setzt es was! Und das zu Recht. Denn das, was wir tun, ist wichtig. Und wer das nicht einsehen will, gibt sich mit sofortiger Wirkung als antisoziales Arschloch zu erkennen.“

Wie aber nun zukünftig mit derlei „Einladungen“ umgehen? Ganz einfach: Überall, wo ein gern drin- oder draufsteht, ersetzen wir es kurzerhand durch ein ungern. Der entsprechenden Pflichtveranstaltung voller Vergnügen fernzubleiben, ist danach nichts weiter als ein Gebot der Logik.

Gern geschehen.

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