Hänger mit Verpackungsproblemen

Während meiner Zeit in der dritten, vierten Klasse gab es ein paar Mitschüler, deren T-Shirts oberhalb des Brustbeins kleine, aufgescheuerte Stellen aufwiesen. Hervorgerufen durch Schlüssel, die diese Kinder, da es zu Hause niemanden gab, der ihnen nach Schulschluss hätte die Tür öffnen können, tagtäglich um den Hals tragen mussten.

Zumeist wurden diese, Schlüsselkinder genannten, Geschöpfe allumfassend bedauert. Was mich im Nachhinein überrascht. Denn ist es wirklich so schlecht, die Mittags- und Nachmittagsstunden ohne elterliche Aufsicht zu verbringen? Das Essen war im Normalfall vorgekocht, musste also nur noch aufgewärmt werden und schmeckte daher sicher nicht schlechter als anderswo. Dafür konntest du zu Hause nach Herzenslust herumtoben, die Vorratsschränke nach Süßigkeiten durchstöbern und so unangenehme Themen wie Schularbeiten leichterhand verdrängen.

Umgekehrt proportional verhält es sich heutzutage mit Menschen, die, sobald sie den öffentlichen Raum betreten, ihrerseits (und das sogar am Wochenende) etwas um den Hals hängen haben, das zwar keine Beschädigungen an der Kleidung verursacht, dafür aber deutlich präsenter ist. Die Rede ist, wie könnte es anders sein, vom Handy.

Die entsprechende Gruppe, nennen wir sie die Smartphone-Schranzen, wird so gut wie gar nicht bemitleidet. Und das ist doch seltsam.

Denn warum präsentieren sich diese Leute so? Würden sie, wenn bei einer langen Wanderung mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass sie in den Wald scheißen werden, auch eine Rolle Klopapier sichtbar spazieren führen? Würden sie im Falle einer akuten Krankheit, bei der stündlich Tabletten eingeworfen werden wollen, die dazugehörige Medikamentenpackung an einer Halskette befestigen?

Nein, das würden sie nicht. Denn natürlich geht es hier einzig und allein um das Vorführen von Statussymbolen. Und dieses Verhalten wiederum lässt im Normalfall entweder auf ein übersteigertes oder ein gänzlich verkümmertes Ego schließen.

Wie aber gehen wir nun mit diesen Mitbürgern um (die man, obwohl das natürlich das Leichteste wäre, nicht alle in den GULAG stecken kann)? Ganz einfach. Da sie sich (ähnlich wie SUV-Besitzer) so dringend nach Aufmerksamkeit und Anerkennung sehnen, werden wir sie überall dort, wo wir ihnen begegnen, mit Komplimenten überschütten. Und zwar massenhaft.

„Oh, Gott, ist das ein schönes Handy! Sind da Swarovski-Steine drauf? Ich flippe aus! Und diese Kette. Ist die aus Echtgold? Darf ich die mal anfassen? Bitte!“

Ich gehe davon aus, dass sich die Angelegenheit nach spätestens sechs Monaten erledigt hat.

Hinterlasse einen Kommentar