Der Poplinke

Er erklärt uns Dinge, die wir gar nicht erklärt bekommen wollen. (Denn: Warum einer Sache den Zauber nehmen, die sich bis dahin einfach nur geil angefühlt hat?) Aber er kann nicht anders. Sobald irgendwo eine Bewegung ihr Haupt erhebt, die auch nur ansatzweise den Anschein erweckt, sie könne kulturelle oder gesellschaftspolitische Veränderungen anstoßen, stürzt sich der Poplinke auf sie und versucht ihr, soweit seine Zahnspange es zulässt, Fleisch aus dem Körper zu reißen.

Möglicherweise wäre er selbst gern Teil dieser Strömung. Aber mit dem Poplinken wollte schon auf dem Pausenhof niemand etwas zu tun haben. Und so bleibt ihm auch heute nur wieder die Rolle des stillen Beobachters. Akribisch füllt er sein Körbchen mit Fakten, wobei es kaum etwas gibt, das ihm als zu unwichtig erscheint. Im Normalfall wird am Ende ein Buch draus, gern mit endlosen Fußnotenmoränen, mit denen der Verfasser das Feuilleton beeindrucken möchte. Das Unberechenbare, Wilde, Lebendige (seines Forschungsgegenstands) ängstigt ihn und so bereitet es dem Poplinken ein geradezu perverses Vergnügen, die aufkeimende, wild wuchernde Bewegung in eine tote Form zu gießen. Wenn ihm selbst schon kein echtes Leben geschenkt worden ist, brauchen die anderen auch nichts, was vital genannt werden könnte.

Verirren sich aber zum Beispiel mal Nazis vor die entsprechenden Verlags- oder Redaktionstüren, fällt dem Poplinken ganz schnell wieder ein, dass mit Analyse und Kritik allein nicht jedes Problem gelöst werden kann. Dann verlangt auch er, wie alle Kaffeehausrevoluzzer, plötzlich ganz laut nach der Antifa. Drücken wir ihm die Daumen, dass sein Ruf Gehör findet.

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