Mittlerweile sind sie medial wahrlich oft genug verwurstet worden: Menschen, die in dem festen Glauben leben, Bill Gates hätte ihr Klopapier mit einem vom nordkoreanischen Geheimdienst entwickelten Kontaktgift präpariert, das längerfristig den vollständigen Austausch der körpereigenen DNA zur Folge hat, und die deshalb vor dem Arschabwischen jedes Blatt Toilettenpapier in Alufolie wickeln, sogenannte Verschwörungstheoretiker also.
Was bisher allerdings noch viel zu wenig Beachtung gefunden hat, sind die Kostüme und Requisiten, in und mit denen das wundergläubige Volk Straßen und Plätze unsicher macht. Da ist viel Selbstfabriziertes dabei, aber natürlich auch allerlei, das für teuer Geld auf dem Eso-Markt erstanden wurde. Amulette in allen nur erdenklichen Formen, möglichst groß, damit sie auch von den vielen Blinden und Einäugigen erkannt werden, gern aus Werkstoffen, die gegen Handystrahlung, Chemtrails und andere Erfindungen des Bösen schützen, Mithril aus den Minen Morias etwa. Stirnbänder sind ebenfalls reichlich zu finden, schließlich lassen sich auch an denen magische Artefakte prominent platzieren. Daneben regieren Umhänge, knöchellange Gewänder, Knotenstöcke und Wünschelruten, überhaupt alles, was beim großen Miraculix-Ähnlichkeitswettbewerb zur Finalteilnahme berechtigen würde. Aber auch an indianischen und tibetischen Elementen herrscht kein Mangel. An Farben wird nur selten gespart, vor allem an der Farbe Buntdurcheinander.
Am beeindruckendsten jedoch sind die Schilder. Im heimischen Hobbykeller gefertigt und beschriftet weisen sie eine geradezu überbordende Fülle an Informationen auf. Denn die gewöhnliche Schwurbeldrüse hat viel mitzuteilen. Nicht selten geschieht es daher, dass sich die Buchstaben zum unteren Rand hin immer weiter ins Stadium der Unleserlichkeit bewegen. (Wir alle kennen das von Postkarten, unter die, oh Schreck, plötzlich noch eine Grußformel gequetscht werden will.) Häufig werden die Texte mit Fotos garniert. Gern von Gates, Merkel oder anderen „Volksverrätern“. Gern aus Illustrierten geschnitten. Gern mit Hitlerbärtchen oder Teufelshörnern verunziert. Nicht zu vergessen all die Galgen, Pyramiden und sonstigen Gerätschaften, die ihre Träger als verkannte Erfinder und Bastelgenies ausweisen. Und last, but not least die aufgenähten „Judensterne“ mit der Aufschrift Impfgegner.
Und so haben wir es bei den Aufzügen der Verschwörungsanhänger ausnahmsweise mit einer echten Verschwörung zu tun, nämlich mit einer gegen den guten Geschmack.
Auf dem Heiratsmarkt wären diese Härtefälle zweifelsohne nur mit Bonusgaben an den Mann oder die Frau zu bringen. Ich empfehle in dieser Hinsicht Sprengstoffgürtel oder Zyanid-Kapseln.